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Cyprus Sunshine Cup 2019 - Interview mit dem Schweizer Nationaltrainer Bruno Diethelm:Die Offenheit macht uns stark

Bruno Diethelm (59) ist seit sechs Jahren Nationaltrainer im Land der weltweit erfolgreichsten Cross-Country-Spezialisten. Regelmäßig kommt der Schweizer mit Nachwuchs-Bikern aus seinem Land nach Zypern, um am Afxentia Etappenrennen teilzunehmen. Kürzlich wurde er in seinem Heimatland Dritter bei der Wahl zum Trainer des Jahres. Im Interview gibt der bescheidene Mensch preis, warum er zum Cyprus Sunshine-Cup kommt, was ein Nationaltrainer macht und versucht zu erklären, was die Schweizer Dominanz im Cross-Country-Sport ausmacht.

Bruno Diethelm, Sie sind bei der Wahl zum Trainer des Jahres in der Schweiz Dritter geworden. Hinter einem Fußball-, und einem Eishockey-Trainer. Was bedeutet Ihnen das?
Für mich ist das schön als Anerkennung für den Mountainbike-Sport und generell den Radsport in der Schweiz. Toll, dass der Sport so wahrgenommen wurde. Es freut mich nicht wegen mir, sondern wegen dem Sport.

Sie sehen das also weniger als eine Auszeichnung für Sie selbst, sondern mehr als Anerkennung für die Sportart?
Im Sport sind so viele Leute dafür verantwortlich, der Verband, der uns eine Plattform gibt. Swiss Cycling hat die WM initiativ in die Schweiz geholt. Ich, der da ein bisschen rumsteht und guckt, spielt da keine so große Rolle.

Das ist dann doch ein wenig Understatement, Herr Diethelm. Aber a propos «Gucken und Rumstehen», was macht denn der Nationaltrainer der Mountainbiker eigentlich konkret.
Von außen wird das so wahrgenommen. Der hat ein schönes Leben, fährt zu den Rennen, hat keinen Stress, keine Belastung und wird bezahlt.

Und wie ist es tatsächlich?
Es ist genau so (lacht). Nein, mein Vorteil ist, dass ich meine Passion leben darf. Ein großer Teil meines Jobs ist es zu planen, vorzubereiten, zu organisieren. Ich muss die Augen und Ohren offen haben für die Fahrer und für Entwicklungen. Ich muss schauen, welche Inputs man einbringen kann, damit wir einen gewissen Vorsprung halten können.

Sie eröffnen die Saison mit jungen Fahrern Ende Februar auf Zypern. Was haben sie für die Nachwuchs-Fahrer dort für Ziele?
Manchmal kommen die ganz Jungen hin und sagen, ja, das ist cool, wir fliegen Zypern um UCI Punkte zu holen. Ich sag dann, ich mag es dir von Herzen gönnen, aber, das Niveau dort ist ziemlich hoch. Außerden ist das Afxentia Etappen-Rennen anderes Format, eben kein Cross-Country.
Für die Jungen geht es darum in solchen Sachen zu lernen. Schritt für Schritt, Tag für Tag Analyse zu betreiben, sich zu verbessern zum nächsten Tag. Aus Zypern sollen sie einen Rucksack mitnehmen mit Dingen, die sie gelernt haben.

Was macht den Cyprus Sunshine Cup für Sie sonst noch zu einer idealen Mountainbike-Destination in dieser Jahreszeit?
Hoffentlich gutes Wetter, ein forderndes Gelände, eine mentale Herausforderung.

Hat das bisher auch geklappt?
Ja, doch! Manchmal hat man schon gedacht, dass ein besseres Resultat herausspringen müsste, aber insgesamt schon. Deshalb kommen wir ja immer wieder.

Mögen Sie selbst die Insel?
Letztes Jahr waren wir einen Tag länger und hatten Gelegenheit was zu sehen. Ich war beeindruckt welche unterschiedlichen Gesichter die Insel präsentiert.  

So ursprünglich auf der einen Seite und so modern auf der anderen. Ich finde es cool dort zu sein. Wir können von Basel aus auch einfach da hin fliegen.

Woher kommt denn eigentlich dieser Vorsprung der Schweiz, von dem Sie gesprochen haben?
Die Schweiz ist nicht so groß und wir haben eine große (Leistungs-)Dichte, bei Damen und bei den Herren. So bald ein gewisses Volumen da ist und Fahrer miteinander umgehen könnnen, die sich pushen können, dann geht es vorwärts. Das sieht man im Cyclo-Cross-Sport in Belgien und Holland. Du musst kämpfen, dass du eine Position hast, also bereit sein für die Challenge.

Um so weit zu kommen, war die Rollen-Modelle wie Thomas Frischknecht und Christoph Sauser (beide Weltmeister und Olympia-Medaillengewinner) sicher auch wichtig, oder?
Es hat sich entwickelt. In der Zeit mit Ralph Näf (Anfang der 2000er) gab es eine Gruppe junger Fahrer, die es plötzlich auch geschafft haben bei Weltcup-Rennen gute Resultate zu fahren. Zum Teil waren das in der Öffentlichkeit noch Unbekanntere und das wurde eine Motivation. Das hat Perspektiven aufgezeigt, was eigentlich möglich ist.

Haben Sie in der Schweiz da spezielle Programme?
Es gibt immer mehr Möglichkeiten, zum Beispiel bei der Ausbildung einen Nachmittag frei zu bekommen, es gibt auch Sportschulen. Aber das sehe ich nicht unbedingt als Vorteil. Der Wille, für meine Ziele kämpfen, ist das Entscheidende. Da ist eine sehr gute Kultur entstanden.


Gibt es einen Knowhow-Transfer zwischen den Sportlern aus verschiedenen Teams?
Ganz sicher. Was Reifen angeht, zum Beispiel. Vielleicht nicht so im Detail bei den Spitzenathleten, aber das Wissen, die Erkenntnisse werden grundsätzlich weiter gegeben. Im Herbst haben wir ein Treffen mit den Teamchefs. Da gab es auch ein Referat über die ganzen Tests und es wurde aufgezeigt, welche Möglichkeiten die Teams haben das zu nutzen. Auch ohne viel Geld zu investieren.

Ist das ein Teil des Schweizer Geheimnisses?
Ja, für mich ist das auch die Offenheit, die man untereinander hat. Das ist schon beeindruckend. Vor den Olympischen Spielen in Rio hatten wir ein Treffen mit dem Olympiakader, 15 Athleten, plus Physios und Mechaniker. Wir hatten einen deutschen Referenten, Jonathan Briefs.

Er nennt sich Kommunikations- und Humorberater und hat auch mit den österreichischen Skispringern gearbeitet. Er war zwei Tage bei uns. Für ihn war es unglaublich beeindruckend, mit welcher Offenheit wir miteinander umgehen. Bei den Skispringern sei das nicht so gewesen. Ich sehe das als Teil des Schweizer Erfolgs, dass man Wissen weiter gibt.

Das hat doch sicher auch Grenzen zwischen den Konkurrenten?
Ganz sicher gibt es die, alles wird nicht erzählt. Gleichwohl ist eine Offenheit da.

Profil
Bruno Diethelm ist 1959 geboren und lebt in Thun (Diethelm:«die schönste Stadt der Schweiz»). Ursprünglich hat er Maschinen-Mechaniker gelernt und ist selber aktiv Straßen-Rennen gefahren.

1993 gründete er das Parkpre Team, dem unter anderen Christoph Sauser in den Anfängen seiner Karriere für fünf Jahre angehörte. Diethelm durchlief etliche Ausbildungen im Trainer-Bereich, aber auch in Massage-Techniken. Um seinen Sportlern weiter helfen zu können.  Etliche Jahre betrieb Diethelm auch das Athleticum-Team und war zwei Jahre auch unterstützend im deutschen Team SKS-MiG tätig.  Zur WM 2012 wurde er Schweizer Nationaltrainer. Vor drei Jahren schloss er in Magglingen die Ausbildung zum Berufstrainer ab.

Termine des Cyprus Sunshine Cup 2019
21. bis 24. Februar   Afxentia-Etappenrennen (SHC)   
3. März   Amathous (C1)


Weitere Informationen unter www.activatecyprus.com

Fotos Copyright: Armin M. Küstenbrück
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